Die Epoche des Naturalismus des späten 19. Jahrhunderts ist vor allem dadurch geprägt, dass sie auf soziale, politische und kulturelle Missstände hinwies – in literarischer Form. Wer sich mit Literatur und Epochen beschäftigt, der kommt um diese Themen nicht herum.
Als Protestbewegung ist der Naturalismus also nicht nur für Literaturbegeisterte interessant, sondern spielt auch auf sozial- und politikwissenschaftlicher Ebene eine große Rolle. Der Naturalismus markiert einen Wendepunkt in der Literaturgeschichte: Weg von Idealisierung – hin zu messbarer Realität.
Schauen wir uns den historischen Hintergrund, die Merkmale und bekannte Autoren sowie ihre Werke genauer an.
Historischer Kontext des Naturalismus
Der Naturalismus entstand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts – einer Zeit tiefgreifender gesellschaftlicher Umbrüche. Um zu verstehen, welche gesellschaftlichen Umstände in der Epoche gegenwärtig waren, bedarf es kurz eine zeitgeschichtliche Einordnung.
Ähnliche Themen beschäftigten auch die Autoren der Trümmerliteratur.
Die Industrialisierung hatte Europa grundlegend verändert - Maschinen bestimmten die Arbeit, Städte wuchsen rasant und mit ihnen auch soziale Probleme der Welt:
Armut
Arbeitslosigkeit
Krankheit
Landflucht
Wohnungsnot
Verstädterung
Diese Entwicklungen führten zu einem neuen gesellschaftlichen Bewusstsein und verstärkten das Interesse an den Ursachen menschlichen Verhaltens und sozialen Elends.

Während diese Umstände zu vielen gesellschaftlichen Problemen führten, bildete der Aufschwung der Industrialisierung einen ziemlichen Kontrast: die Erfindung des Dieselmotors, der Schallplatte und der Dampfturbine sorgten für großen Wind des technischen Fortschritts.
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In diesem Spannungsfeld löste sich die Literatur des Naturalismus von idealisierten Darstellungen und wandte sich einer objektiven, realitätsnahen Darstellung zu. Autorinnen und Autoren verstanden sich fast wie Wissenschaftler: Sie beobachteten, analysierten und beschrieben die Wirklichkeit so präzise wie möglich – auch wenn sie unbequem war.
Somit war der Naturalismus eng mit dem Zeitgeist verbunden:
Modernisierung
Wissenschaftsgläubigkeit
Gesellschaftskritik
Die deutschen Zentren des Realismus waren München und Berlin.
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Menschenbild im Naturalismus
In diesem historischen Kontext gewannen die Naturwissenschaften und die Darwin’sche Evolutionstheorie zunehmend Einfluss. Der Mensch wurde nicht länger als freier, moralisch handelnder Geist betrachtet, sondern als Produkt von Herkunft, Umwelt und Milieu – ein Ansatz, der sich auch in der Literatur widerspiegelte.
Wissenschaftler wie Charles Darwin, Sigmund Freud und Hippolyte Taine prägten mit ihren Theorien das damalige Menschenbild.
Das Menschenbild dieser Literaturepoche ist nüchtern, fast schon schonungslos: Der Mensch ist kein Held, kein Ideal, sondern ein Teil der Natur – getrieben von Trieben, geprägt von Genen, Milieu und sozialen Verhältnissen.
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Der Mensch wurde zum Forschungsobjekt – und die Literatur zum Mittel, um ihn möglichst genau zu beobachten und zu „dokumentieren“. Gefühle und Handlungen sollten nicht erklärt oder bewertet, sondern gezeigt werden – in ihrer ganzen Rohheit und Realität.

Naturalistische Autorinnen und Autoren glaubten nicht an einen freien Willen im klassischen Sinn. Stattdessen galt: Wer du bist, wird stark davon bestimmt, wo du geboren wurdest, wie du aufgewachsen bist und in welcher Gesellschaft du dich bewegst.
Armut, Krankheit, Alkoholismus oder Gewalt wurden nicht als moralisches Versagen dargestellt, sondern als Konsequenz äußerer Umstände.
Kurz gesagt: Der Naturalismus blickt dem Menschen ins Gesicht – ohne Filter, ohne Schönmalerei.
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Merkmale des Naturalismus
Bestimmt denkst Du bei dem Begriff Naturalismus zuerst an Natur – und damit liegst Du auch nicht ganz falsch!
Denn der Begriff leitet sich von dem lateinischen Wort natura ab, welcher übersetzt eben wirklich Natur bedeutet.
Doch geht es beim Naturalismus nicht um Wälder, Berge oder andere Schönheiten der Natur, sondern darum die Wirklichkeit so wahrheitsgetreu wie nur möglich darzustellen, ohne dabei etwas zu verschönern – in ihrer natürlichsten Form also.
Und dass die Wahrheit nicht immer ganz so schön ist, weiß bekanntlich jeder. Der Naturalismus ist mit seiner Darstellung der sozialen Missstände genau das Gegenteil der Literaturepoche Realismus, der aus der Realität all das Schöne herausarbeiten wollte und dem Naturalismus voranging.
Der Naturalismus bringt eine ganze Reihe markanter Merkmale mit, die ihn klar von früheren Literaturepochen unterscheiden. Schauen wir uns einige an!
Verwissenschaftlichung
Ein wichtiges Merkmal des Naturalismus ist die starke Orientierung an den Naturwissenschaften. Die Figuren werden nicht einfach erfunden – sie sind Ergebnisse ihrer Erbanlagen, ihrer sozialen Herkunft und des Milieus, in dem sie leben. Die Schriftsteller verstehen sich eher als Beobachtende und Analysierende denn als Schöpfer von Fantasiewelten.
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Die naturwissenschaftlichen Fortschritte sollten auch in der Literatur ihren Platz finden – es ging um eine wissenschaftliche und sachliche Darstellung, welche nicht mehr der ursprünglichen Form von Literatur entsprach. Somit wurde auf Subjektivität und Individualität verzichtet. Interessierte in Nürnberg können gezielt Unterstützung erhalten über Nachhilfe Nürnberg privat.
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Darstellung des Hässlichen
Wie bereits erwähnt, ging es in dieser Epoche darum, die Realität darzustellen und auf soziale Missstände, wie Elend oder Krankheit aufmerksam zu machen.
Eines der zentralen Ziele: Die Welt soll so realistisch wie möglich dargestellt werden – ohne Idealisierung, ohne Verklärung. Alles, was die Realität ausmacht, darf in den Text – und das ohne Beschönigung:
Armut
Krankheit
Gewalt
Alkohol
soziale Ungerechtigkeit
Elend
Die schonungslose Darstellung der schlimmen Lebensbedingungen der Arbeiterklasse sollte jedem deutlich werden.
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Milieu und Vererbung
Dieses Merkmal beruht auf der Milieutheorie von Hippolyte Taine, welche besagt, das ein Mensch in das Milieu und das Umfeld, in welchem er aufwächst, hineingeboren wird. So wird seine Entwicklung hauptsächlich durch die Einflüsse seiner Umwelt geprägt – genetischen Anlagen wurde somit keine große Bedeutung zugeschrieben.
Diese Ansicht wurde auch in den literarischen Werken des Naturalismus übernommen.
Abbildung der Wahrheit
Die Abbildung der Wahrheit galt sowohl aus sozialwissenschaftlicher als auch aus naturwissenschaftlicher Sicht. So sollten die Realität der Welt in all ihrer Hässlichkeit möglichst wissenschaftlich exakt dargestellt werden.
Auch die Romantik in der Literatur hat ihre eigenen Merkmale.
Der Sekundenstil im Naturalismus
Um die oben genannten Merkmale auf eine naturalistische Art darzustellen, nutzten die Autoren und Autorinnen des Naturalismus die sogenannte Sekundenstil-Technik.
Dabei wird versucht, die erzählte Zeit möglichst genau mit der realen Zeit gleichzusetzen. Das bedeutet: Jeder Augenblick wird detailliert beschrieben, fast wie unter dem Mikroskop.
So entsteht eine Art literarischer „Live-Mitschnitt“. Das heißt: Eine Minute im Leben einer Figur soll sich beim Lesen auch wie eine echte Minute anfühlen.
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Um das zu erreichen, wird jeder noch so kleine Moment detailliert beschrieben – Bewegungen, Gedanken, Geräusche, Eindrücke. Statt „Er betrat das Zimmer“ heißt es dann eher:
Er legte die Hand auf die kühle Klinke, drückte sie langsam herunter, spürte das Knacken im Mechanismus und öffnete die Tür einen Spalt weit.
Beispiel für Sekundenstil
Auch die Sprache des Naturalismus passt sich diesem Anspruch an: Sie ist einfach, alltagsnah, oft sogar umgangssprachlich oder dialektgefärbt – je nachdem, was zur Figur und zur Umgebung passt.
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Literarische Formen des Naturalismus
Im Naturalismus wurden verschiedene literarische Formen verwendet – doch alle hatten ein gemeinsames Ziel: die möglichst genaue Abbildung der Realität. Hier sind die wichtigsten Formen im Überblick.
Drama
Im Drama fokussierten sich die Autoren auf die realitätsnahe Darstellung von Figuren. So zeugt sogar die Sprache der Figuren von Dialekten und Umgangssprache. Die Handlung in den Dramen wurde durch den enormen Fokus auf die Charaktere in den Hintergrund gestellt, weshalb das naturalistische Drama mitunter kritisiert wurde.
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Das Drama war besonders beliebt im Naturalismus – denn es konnte soziale Konflikte und menschliche Abgründe unmittelbar auf die Bühne bringen.
- Merkmale: realistische Dialoge, Alltagssprache, einfache Menschen als Hauptfiguren, Konflikte aus dem echten Leben
- Typisch: keine Helden, sondern gebrochene Charaktere
- Beispiel: „Die Weber“ von Gerhart Hauptmann – ein Stück über den Aufstand schlesischer Weber gegen unmenschliche Lebensbedingungen.
Dennoch gilt das Drama als die wichtigste Darstellungsform der Naturalisten.
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Epik
In der Erzählprosa (z. B. Novellen, Romane) setzten Autoren auf Detailtreue, Milieuschilderung und psychologische Tiefenzeichnung.
Die Epik spielte also auch eine Rolle:
- Merkmale: Sekundenstil, objektive Erzählweise, sozialkritische Themen
- Typisch: der Mensch als Produkt von Vererbung und Umfeld
- Beispiel: Arno Holz und Johannes Schlaf mit „Papa Hamlet“ – eine kurze, präzise Erzählung über Armut und Verzweiflung.
Von den Naturalisten wurden epische Kurzformen, wie die Skizze, Novelle oder Kurzerzählung, bevorzugt. Zudem wurde in den epischen Werken der Sekundenstil verwendet, der sich damals ganz neu entwickelte.
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Der Sekundenstil sollte für eine exakte Darstellungsweise sorgen – Sekunde für Sekunde wurde Raum und Zeit geschildert. Somit waren die Erzählzeit und die erzählte Zeit deckungsgleich.
Lyrik
Lyrik spielte im Naturalismus eher eine Nebenrolle, war aber dennoch vorhanden. In den lyrischen Werken wurde revolutionär auf Reim und Metrik verzichtet. Einzig und allein durch den Rhythmus der Werke wurden dramatische Elemente betont.
- Merkmale: einfache Sprache, naturwissenschaftlich genau beobachtete Natur oder menschliche Zustände, häufig düster oder trostlos
- Beispiel: Gedichte von Detlev von Liliencron oder Arno Holz
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Insgesamt bevorzugte der Naturalismus sachliche, realitätsnahe Darstellungen. Fantasie, Idealismus oder überhöhte Gefühle – das überließ man anderen Epochen.
Die wichtigsten Autoren und Autorinnen und ihre Werke
Der Naturalismus brachte eine neue Generation von Schriftstellerinnen und Schriftstellern hervor, die mit der Tradition brechen und die Realität unverfälscht zeigen wollten. Viele dieser Autorinnen und Autoren verstanden sich nicht nur als Literaturschaffende, sondern auch als gesellschaftliche Beobachter und Kritiker.
Einer der literarischen Hauptvertreter des Naturalismus in Europa war der französische Schriftsteller Émile Zola, welcher auch den zuvor erwähnten Sekundenstil entwickelte.
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Internationale Autoren
Schauen wir uns einige internationale Vertreter der naturalistischen Literatur an:
Autor
Émile Zola
Henrik Ibsen
Lew Nikolajewitsch Tolstoi
Fjodor Dostojewski
Herkunft
Frankreich
Norwegen
Russland
Russland
Bekannte Werke
Die Freude am Leben
Gespenster
Anna Karenina
Schuld und Sühne
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Bis heute sind die Werke dieser Vertreter der Kunst von großer Bedeutung!
Deutsche Autoren
Doch auch viele deutsche Autoren galten als bekannte Vertreter des Naturalismus. Zu dieser Zeit betrachteten sich die Autoren und Autorinnen in Deutschland als die junge Generation Deutschlands. Schauen wir uns die wichtigsten Vertreter mit ihren bekanntesten Werken an!
- Gerhart Hauptmann: Die Ratten, Die Weber, Bahnwärter Thiel
- Max Bernstein: Mein neuer Hut, Kleine Geschichten, Blau
- Arno Holz: Die Familie Selicke, Papa Hamlet
- Johannes Schlaf: Meister Oelze, Gertrud, Junge Leute
- Peter Hille: Die Sozialisten, Des Platonikers Sohn
- Konrad Telmann: Im Frührot, Götter und Götzen, Dunkle Existenzen
Die Lyrik im Barock war eine der beliebtesten Ausdrucksform.
Schließlich kommen wir zu einer Besonderheit der damaligen Zeit: eine deutsche Schriftstellerin und Frauenrechtlerin, die zu Bekanntheit kam.
Hedwig Dohm war eine deutsche Schriftstellerin, Journalistin und eine der radikalsten und frühesten Feministinnen im deutschsprachigen Raum. Sie setzte sich leidenschaftlich für die Gleichberechtigung der Geschlechter, das Frauenwahlrecht und den Zugang von Frauen zu Bildung und Berufen ein – und das zu einer Zeit, als solche Forderungen noch als skandalös galten.
Einige ihrer bekannten Werke:
- Der Seelenretter
- Schicksale einer Seele
- 'Werde, die du bist!' Wie Frauen werden
Nun kennst Du einige bekannte Vertreter des Naturalismus und ihre Werke! Die Literatur der Renaissance wurde ebenfalls von vielen Einflüssen geprägt.
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Top!
Danke Emilio, das freut uns!🙂